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Rodo, 2023

Reisenotizen (Italien)


Tag 12: Unterwegs mit Freunden (08.03.2006)

Wie am Vortag ausgemacht, fuhren wir dieses Mal zu viert nach Venedig. Eloisa hatte noch etwas vor und so verabredeten wir uns am Bahnsteig, wo wir uns nach einigem hin und her tatsächlich trafen. Der Tag war mindestens so schön wie der letzte, wenn auch um einige Grad kälter, und dieses Mal wollten wir uns die Markusbasilika ansehen. Auf dem Weg dahin folgten wir den halb sichtbaren Wegweisern so gut es eben ging. Doch mindestens zwei von uns hinkten immer etwas hinterher, entweder, weil man gerade etwas Interessantes in der Auslage einer Bäckerei entdeckt hatte, etwas interessant auf einem Foto aussehen würde, oder auch weil man vor lauter Gequatsche die Motorik vernachlässigt hatte.

Irgendwann kamen wir dann trotzdem halb unterkühlt am Markusplatz an, der trotz der bitteren Kälte voller Menschen war. Wir wollten eigentlich nun ganz gerne in die Kirche, ich wurde allerdings nicht hereingelassen, da ich als einzige einen Rucksack dabei hatte. Die waren nämlich verboten, im Gegensatz zu großen Umhängetaschen, warum auch immer. Die Abgabe für Rucksäcke und so weiter befand sich aber nicht in der Kirche an sich, sondern in einer Seitenstraße ganz versteckt, sodass man erst einmal genauer hinsehen musste, um sie zu finden. Wenigstens musste man nichts bezahlen. Und Umhängetaschen durfte man nicht dalassen, selbst wenn man wollte.

Die Markusbasilika war den ganzen Schwachsinn aber glücklicherweise Wert, auch wenn das Gold mit etwas mehr Sonnenlicht wahrscheinlich besser zur Geltung gekommen wäre. Die byzantinisch angehauchten Wandmalereien waren auch im Dämmerlicht beachtenswert. Hier zahlte es sich auch aus, dass wir zu viert gekommen waren, denn die beiden anderen erzählten Eva und mir mehr, als die meisten Stadtführer es getan hätten. Eloisa, die etwas in Richtung Bauingenieurswesen studiert hatte, erklärte, wieso der Boden so aussah, als wäre er in einer schwingenden Bewegung erstarrt, und wieso die Kirche trotzdem noch stand, während Maria, die Kunstgeschichtsstudentin, die Bilder an den Wänden nach Epochen einordnen konnte. Und das Ganze mit anderen italienischen und orthodoxen Kirchen verglich.

Nach der Besichtigung sahen wir uns wieder ungeordnet die Stadt an, bis wir zurück mussten. Dabei erfuhren wir von Eloisa, wofür die Bauarbeiten am Anlegeplatz des Markusplatzes gut waren und dass man sich beim einzigen McDonald’s in Venedig besser nicht für die Toilette anstellt, wenn man nicht eine halbe Stunde warten möchte. Außerdem unterhielten wir uns über Gott und die Welt (wobei Gott relativ kurz kam). Zum Beispiel darüber, dass alle meinen, „Maria“ sei ein für ihre Heimat typischer Name, ob nun in Brasilien oder Deutschland, und dass es vermutlich einfach ein Allerweltsname ist.

Der Aufenthalt in Venedig war dann aber erheblich kürzer als am Vortag, denn als ich meine Zehen kaum noch spüren konnte, wurde es mir doch zu bunt, und die anderen sahen es ähnlich. Also gingen wir zähneklappernd zurück zum Bahnhof und ich verabschiedete mich doch leicht wehmütig von Venedig. Auch wenn ich eigentlich das Gefühl hatte, alles gesehen zu haben, ein bisschen mehr Zeit hätte ich doch gerne gehabt.

Den Rest des Tages verbrachten wir dann mit einem Abstecher in den Supermarkt, in dem mich die Kassiererin völlig durcheinander brachte, indem die Deutsch redete, und ich es erst nicht einordnen konnte. Als Eva und Eloisa dann schlafen wollten, setzten sich Maria und ich in den Gemeinschaftsraum, um ein Championsleague-Spiel zu sehen. Außer uns saßen nur Männer mit im Raum, von denen natürlich keiner Englisch konnte, und Maria unterhielt sich angeregt mit einem Karate-Lehrer. Der hätte sich auch gerne mit mir unterhalten, nachdem er herausgefunden hatte, dass ich Japanologie studiere, aber die Sprachbarriere stellt doch ein etwas größeres Problem dar, wenn man sich tiefgehender mit Kampfsportästhetik auseinandersetzen möchte.