Epilog
Es war ein sonniger Morgen, doch leider hatte Lucius nicht die Zeit, ihn zu genießen. In der Nacht war etwas Furchtbares passiert. Lord Voldemort war tot. Erledigt von einem gerade mal einjährigen Kind. Lächerlich. Sein Sohn Draco war auch nicht viel älter und konnte nichts weiter als sinnlos vor sich hinbrabbeln.
Lucius konnte nicht anders, es fiel ihm einfach schwer, sich für den Jungen zu erwärmen. Dabei wusste er ganz genau, dass es nichts mit Draco zu tun hatte. Es war ganz allein sein Problem. Er konnte nichts mit ihm anfangen und ebenso wenig konnte er etwas gegen dieses unglaublich penetrante Gefühl der Abneigung unternehmen, das ihn jedes Mal überkam wenn er mit ihm alleine war.
Narzissa und er hatten jedenfalls beschlossen (um genau zu sein hatte er beschlossen und Narzissa zugestimmt), dass sie ins Ministerium gehen und den Auroren sagen würden, dass sie unter dem Imperius-Fluch gestanden hatten. Sie waren sich beide einig darüber, dass das die beste Methode der Schadensminimierung war. Und genau dort waren sie an jenem Morgen auch. Sie standen in der Abteilung für magische Strafverfolgung, Narzissa mit Draco im Arm, und warteten darauf, dass einer der Auroren Zeit für sie haben würde. Es war erniedrigend, doch leider ließ es sich nicht vermeiden. Desinteressiert blickte Lucius sich um. Die vorbeihastenden Auroren waren natürlich skeptisch, aber sie würden sie davonkommen lassen. Das garantierten sein Geld und sein Einfluss.
Ein manisches Lachen im Gang erregte seine Aufmerksamkeit, und auch alle anderen wandten neugierig die Köpfe. Schließlich sahen sie, wie die Auroren jemanden vorbeiführten, und erschrocken stellte Lucius fest, dass es Sirius war. Er lachte als wäre er wahnsinnig, doch trotzdem gelang es ihm immer noch, Lucius mit seinem Anblick zu verzaubern. Dabei hatten sie sich schon seit Jahre nicht mehr gesehen. Und keiner der Blacks hatte je wieder ein Wort über ihn verloren, nachdem er von zuhause ausgerissen war. Doch warum hatten die Auroren Sirius festgenommen? Ein kurzer Blick zu Narzissa verriet ihm, dass sie ebenso ratlos war wie er.
Später erfuhr Lucius, dass Sirius die Potters verraten haben sollte. An Voldemort. Und dass er auf offener Straße einen Haufen Muggel umgebracht haben sollte. Sein Bild prangte auf der Titelseite des Tagespropheten und er wurde zum treuesten Anhänger des Dunklen Lords hochstilisiert. Lucius konnte es nicht glauben. War er denn der einzige, der Sirius wirklich kannte? Er wäre nie dazu fähig, seinen besten Freund zu verraten, und er würde eher sterben, als Voldemort auch nur den kleinen Finger zu reichen. Doch leider konnte Lucius nichts tun, und so blieb ihm nichts anderes übrig, als mitzuerleben, wie man Sirius in Askaban verrotten ließ. Nicht einmal einen Prozess war er der Zauberergemeinschaft wert gewesen.
*
Doch Sirius verrottete nicht. Zwölf Jahre später brach er aus, etwas, das vor ihm noch niemandem gelungen war. Und wieder war sein Bild in allen Zeitungen, an Fenster geschlagen und im Ministerium ausgehängt. Die Zaubererwelt war starr vor Entsetzten. Insgeheim wünschte Lucius ihm, dass er es schaffte. Er hatte genug gelitten. Jeder, der das ausgezehrte Gesicht auf den Fahndungsplakaten sah, konnte das sehen, und wieder wunderte er sich, dass es niemandem außer ihm aufzufallen schien. Nicht einmal Narzissa zweifelte daran, dass ihr Cousin ein Massenmörder war.
Lucius sah ihn nur zwei Mal wieder. Einmal als Hund am Bahnsteig, als er Draco zum Zug brachte. Er wusste da schon, dass es das war, womit Sirius soviel Zeit Anfang seines fünften Schuljahres verbracht hatte. Die Ratte war sehr gesprächig, auch wenn Lucius ihr lieber aus dem Weg ging. Sirius war ein Animagus. Und wieder rang er Lucius damit etwas mehr Respekt ab.
Das zweite Mal war gleichzeitig das letzte. Er und einige Todesser hatten versucht, den kleinen Potter in eine Falle zu locken, doch der Versuch misslang kläglich und endete mit einem Kampf unten in der Mysteriumsabteilung des Ministeriums. Aus den Augenwinkeln heraus konnte Lucius sehen, wie Sirius sich in den Kampf stürzte, wie ein typischer Gryffindor eben. Er hatte sich einigermaßen erholt, wenn man ihn mit den Fahndungsplakaten verglich, doch war er längst nicht mehr so schön wie früher. Askaban hatte seinen Preis gefordert, hatte etwas genommen, was nie wieder zurückkehren konnte, genau wie bei seiner Cousine Bellatrix, mit der er sich gerade duellierte. Ein Fluch schoss aus ihrem Zauberstab hervor und katapultierte Sirius nach hinten. Und so musste Lucius mit ansehen, wie er durch einen Torbogen mitten im Raum in den Tod fiel.
Es brach sein Herz, und dieser irreale Schmerz, von dem er geglaubt hatte, ihn schon längst begraben zu haben, zerriss ihn so sehr, dass es ihm kaum etwas ausmachte, als die Auroren ihm seinen Zauberstab abnahmen und nach Askaban abführten.
Ende